„In Anwesenheit von Amtspersonen wurde stets korrekt gehandelt“, betonte Gesundheitsdezernent Uwe Hasche, mehrfach wiederholend, dass den Mitarbeitern des Kreisveterinäramtes kein Fehlverhalten vorzuwerfen sei. Sein Chef, Landrat Mario Löhr (SPD), versicherte der ihm unterstellten Veterinärbehörde sein „absolutes Vertrauen“.
Bei der Pressekonferenz zu den Tierquälerei-Skandalen im Selmer Schlachthof Prott und der Viehverladestelle Mecke in Werne am heutigen Mittag (17. August) wiesen der Landrat und sein zuständiger Dezernent jedwede Versäumnisvorwürfe gegen die Kreisveterinärbehörde zurück.
Zugleich betonten sowohl Löhr wie Hasche ihr Entsetzen über die maßlosen Grausamkeiten an wehrlosen Tieren, die die SOKO Tierschutz zuerst im Schlachthof Prott und wenige Monate später in der Viehumladestelle von Mecke in Werne mit Videos dokumentiert hatte.
Die Kernbotschaften in der Pressekonferenz, in der neben lokalen und regionalen Medien auch SOKO-Sprecher Mülln als Pressevertreter zugegen war:
- Es liegen nach allen bisherigen Prüfungen keine Versäumnisse seitens des Kreisveterinäramtes vor.
- Es ist „kein Fehlverhalten erkennbar, das dazu führt, dass Menschen von ihren Aufgaben entbunden werden müssten“ (Dezernent Hasche).
- Alle vorgeschriebenen Kontrollen haben stattgefunden, sowohl in der Viehumladestelle als auch im Schlachthof Prott, wo über Wochen und Monate illegal geschächtet wurde.
- Die Kreisveterinärbehörde wird personell aufgestockt. Landrat Mario Löhr will dazu ein Konzept vorlegen, das der Kreistag zu beschließen hat. Bereits seit Freitag, 13. 8., ist eine zweite Tierarztstelle ausgeschrieben, Jedoch Löhr einschränkend: „Wenn Betriebe mitkrimineller Energie zu Werke gehen, wird auch noch so viel Personal das auch künftig nicht verhindern können.“
- Sowohl dem Schlachtbetrieb wie der Privatperson Mecke wurde mit Ordnungsverfügungen am Freitag (13. August) jedweder Umgang mit Tieren untersagt: das Halten, Betreuen, Töten, das Schlachten, Verarbeiten und Zerlegen sowie jegliche weitere Verarbeitung sind darin eingeschlossen.
Der Ablauf der Pressekonferenz in Stichpunkten.
Landrat Mario Löhr unterstreicht zu Beginn sein nachdrückliches Entsetzen über die von der SOKO Tierschutz öffentlich gewordenen Tierquälereien. „Die SOKO ist illegal an die Bilder gelangt. Ich sage aber herzlichen Dank. Ich möchte so etwas nie wieder erleben. Auzuschließen ist es nicht.“ Denn „wenn Betriebe mit krimineller Energie zu Werke gehen, wird sicher auch noch so viel Personal das nicht verhindern können.“
Der Schlachtbetrieb Mecke, so Löhr, sei am Freitag geschlossen worden, dem Betrieb wie auch dem Inhaber persönlich jeder weitere Umgang mit Tieren ordnungsbehördlich untersagt worden. Dazu werde Gesundheitsdezernent Hasche Näheres erläutern.
Warum das erst jetzt geschehen sei? Löhr spricht von den „Zwängen einer Behörde“. Er hätte gerne eine schnellere Aufklärung gehabt, beteuert er. „Das Bildmaterial alleine hat jedoch nicht ausgereicht, damit wir als Behörde tätig werden konnten. Wir sind mehr als geschockt gewesen, als wir die Bilder gesehen haben. Das kann ich hier nur immer wieder sagen.“
Erst beim Vorliegen der neuen Ermittlungsergebnisse der Staatsanwaltschaft am Freitag (13. August) konnte der Kreis, so Löhr, mit (insgesamt vier) Ordnungsverfügungen reagieren. Diese verbieten dem Betrieb wie auch Markus Mecke privat nun weitreichend den Umgang mit Tieren, ihre Haltung, Betreuung, Tötung und weitere Verarbeitung. Die Verfügungen beinhalten auch die Anweisung, dass der Nutztierbestand an der Lünener Straße binnen vier Wochen aufzulösen ist – „unter ständiger amtlicher Überwachung“, betont Hasche.
„Wenn wir einen Schnellschuss gemacht hätten, wäre möglicherweise nicht mehr als eine Ordnungswidrigkeit und ein Bußgeld dabei herausgekommen. Das hätte ich nicht ertragen.“
- (Kreisgesundheitsdezernent Uwe Hasche)
Gegen diese Ordnungsverfügungen „haben jetzt auch eventuelle Klagen keine aufschiebende Wirkung. Alles andere hätten wir rechtlich nicht auf sichere Beine stellen können.“ Und aufgrund entsprechender Mutmaßungen am heutigen Dienstag in lokalen Medien setzt Hasche hinzu: „Ich kann Ihnen versichern, dass aus meinem Veterinäramt nichts durchgestochen wurde.“
Uwe Hasche kommt auf die Videoaufnahmen der SOKO zu sprechen. Sie zeigen maßloses Tierleid. Kühe und Schafe werden unter entsetzlichen Qualen geschächtet, kranke Kühe und Kälber werden verprügelt, an Seilwinden herumgeschleift. Dies nicht einmal, nicht wenige Stunden, sondern wochenlang, monatelang, ohne dass die aufsichtsführende Behörde irgendeinen Hinweis darauf bekommen hätte.
„Die schrecklichen Bilder, die mir ansehen musste… ich kann es nicht nachvollziehen, wie Menschen Derartiges tun können. Wir haben keine Hinweise, keine Verdachtsmomente gehabt, was sich in der Viehsammelstelle in Werne abspielt.“
Die Sammelstelle in Werne sei nach geltender Vorschrift einmal monatlich kontrolliert worden, schildert Uwe Hasche den Ablauf.
„2020 hatten wir trotz der Coronabeschränkungen 11 Kontrollen, 2021 waren es bisher schon 9. Bei den Kontrollen ist jedes zu transportierende Pferd vorgeführt worden. Gleichzeitig ist untersucht worden: Sind die Unterstellmöglichkeiten in Ordnung, gibt es genügend Futter und Wasser. Die Transporte, die von dieser Sammelstelle aus liefen, waren nicht zu beanstanden. Es gab keinen Hinweis, dass dort etwas anderes stattfand als das Sammeln von Pferden.“ Man könne 100 Leute einstellen und doch nicht gewähren, dass so etwas nicht mehr stattfinde.
„Wir hatten keine Chance.“
Ähnlich habe es sich mit dem Schlachthof Prott verhalten, in dem, von grausamen Videobildern belegt, fortgesetzt illegal geschächtet wurde.
Als „handwerklicher Schlachtbetrieb“ unterlag der Betrieb keiner Verordnung, dass während des gesamten Schlachtvorgangs ein Tierarzt anwesend sein müsse, führt Uwe Hasche aus. Solche Betriebe hätten in der Regel Schlachttage. „Diese kündigen sie an, damit dort kontrolliert werden kann.“ Also werde kontrolliert, wenn der Schlachtbetrieb anruft, vergewissert sich ein Pressevertreter? So ist es, bestätigt Hasche. „Wir waren personell nicht auf Rosen gebettet, sind jedoch unseren Kontrollverpflichtungen nachgekommen.“
Es habe bei Prott stets die vorgeschriebenen jährlichen Gesamtkontrollen gegeben und Tierschutzkontrollen. „Bis zum letzten Tag sind alle Kontrollen durchgeführt worden.“
Das ARD-Magazin FAKT hatte Prott betreffend über Tierköpfe berichtet, denen das Loch durch das Bolzenschussgerät fehlte, laut den Recherchen ein klarer Hinweis auf Schächten. Kein Bolzenschussloch sei jedoch laut Tierarzt möglich, widerspricht Uwe Hasche. Der Tierarzt habe „bei jedem Tier, das er beschaute, auch diese Kontrollen durchgeführt“ und keine Hinweise auf Schächtungen entdeckt.
Hasche zusammenfassend:
„In Anwesenheit von Amtspersonen ist stets korrekt gehandelt worden.“
Abschließend spricht der Kreis-Gesundheitsdezernent noch eine neue NRW-weite Verordnung an, die Änderungen (Verschärfungen) der amtlichen Kontrollen von Schlachbetrieben vorsieht und regelmäßige Audits. „Unter Umständen sind die Mitarbeiter dann den ganzen Tag im Betrieb und kontrollieren. Das ist gut und sinnvoll. Wir reden hier ja nicht nur über Tierschutz, sondern auch über Lebensmittelhygiene und Verbraucherschutz.“