Es klingelt nachmittags an der Haustür, zwei Polizeibeamte stehen auf der Schwelle, treten ein und zählen die Leute, die am Kaffeetisch sitzen…
Theoretisch ist das ab Samstag (24. April) möglich. Denn die dann in Kraft tretende bundeseinheitliche Corona-Notbremse (HIER alle Regeln für NRW) nimmt empfindliche Eingriffe in mehrere Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger vor:
So schränkt sie auch die Unverletzlichkeit der Wohnung ein, die aus den bisherigen Coronaschutzverordnungen des Landes NRW stets ausdrücklich ausgeklammert war.
Damit ist es jetzt vorbei, zumindest bis zum 30. Juni – so lange ist dasBundesinfektionsschutzgesetz in seiner frisch verabschiedeten Fassung befristet. Wörtlich formuliert der Gesetzestext:
„§ 28b Bundesweit einheitliche Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) bei besonderem Infektionsgeschehen, Verordnungsermächtigung
(9) Die Grundrechte der körperlichen Unversehrtheit (Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes), der Freiheit der Person (Artikel 2 Absatz 2 Satz 2 des Grundgesetzes), der Freizügigkeit (Artikel 11 Absatz 1 des Grundgesetzes) und der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 Absatz 1 des Grundgesetzes) werden eingeschränkt und können auch durch Rechtsverordnungen nach Absatz 6 eingeschränkt werden.“
NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann wurde zur Unverletztlichkeit der Wohnung am Freitagmittag im Rahmen eines Pressebriefings von einem Reporter befragt. Ja, bestätigte der CDU-Minister, die sogenannte Bundesnotbremse beschränke auch die Kontakte im privaten Bereich, also im eigenen Haus, in der eigenen Wohnung, auf dem Balkon und im Garten.
Welche Konsequenzen die Bürger daraus zu erwarten haben? Darauf antwortete Laumann eher unverbindlich:
„Ich glaube jetzt nicht, dass wir in Nordrhein-Westfalen große Sonderaktionen machen, um zu klingeln und zu zählen, wieviel Leute in der Wohnung sind.“
Kontrolliert werde auf jeden Fall die nächtliche Ausgangssperre von 22 bis 5 Uhr, antwortete der Minister auf eine weitere Frage zum Thema Polizeikontrollen. Genaueres dazu sei beim Innenministerium zu erfragen. Doch die Einhaltung dieser Regel – die in allen Regionen über Inzidenz 100 gilt, auch im Kreis Unna – müsse schon deshalb nachgeprüft werden,
„… damit die, die sich dran halten, nicht als die Dummen vorkommen gegenüber denen, die sich nicht dran halten.“
Pressekonferenz mit Minister Karl-Josef Laumann am 23. 4. 21 – zum Video HIER.
Grundrechte der körperlichen Unversehrtheit, der Freizügigkeit, der Freiheit der Person:
Grundrechte sind wesentliche Rechte, die Mitgliedern der Gesellschaft gegenüber Staaten als beständig, dauerhaft und einklagbar garantiert werden. In erster Linie sind sie Abwehrrechte des Bürgers gegen den Staat, sie können sich jedoch auch auf das Verhältnis der Bürger untereinander auswirken („Drittwirkung“).
Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit: Einschränkung etwa durch Zwangsimpfung
Die körperliche Unversehrtheit ist Bestandteil des Grundgesetzes (Art. 2 Abs. 2 GG), kann jedoch durch spezifische Gesetze außer Kraft gesetzt oder eingeschränkt werden. Beispielsweise können Menschen Blutproben zur Aufklärung einer Straftat entnommen werden. Die Erlaubnis dazu hat der Gesetzgeber am § 81a StPO (Strafprozessordnung) gegeben. Auch ein Seuchenfall kann dazu führen, dass nach § 20 IfSG (Infektionsschutzgesetz) Menschen zwangsweise geimpft werden müssen. (Quelle Juraforum)
Grundrecht auf Freiheit der Person: Einschränkung etwa durch Ausgangssperre
Das Grundrecht der Freiheit der Person ist in Art. 2 Absatz 2 Satz 2 und Art. 104 GG sowie Art. 5 EMRK normiert und umfasst die körperliche Bewegungsfreiheit. Art. 104 GG: (1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes … beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich misshandelt werden.
Dieses Grundrecht schützt demnach die Freiheit, einen beliebigen Ort aufzusuchen, sich dort aufzuhalten oder ihn zu verlassen.
Grundrecht auf Freizügigkeit: Einschränkung etwa durch Reiseverbote
Freizügigkeit bedeutet auf das Bundesgebiet bezogen das Recht, unbeschränkt durch die deutsche Staatsgewalt an jedem Ort Aufenthalt und Wohnsitz zu nehmen. Eine Eingriffsermächtigung, die ausdrücklich in Art. 104 GG vorgesehen ist, ist die vorläufige Festnahme bei dringendem Tatverdacht einer Straftat.
Quelle: Juraforum.de