Ruckzuck war es durch. Im Eiltempo hat heute (18. 11.) die Reform desInfektionsschutzgesetzes den Bundestag sowie den Bundesrat passiert. Damit sollen die Coronaschutzmaßnahmen fortan auf eine solidere rechtliche Basis gestellt werden.
Wie auf Rundblick berichtet, hatten in den letzten Wochen und Monaten zahlreiche Gerichte Coronaregeln gekippt, so auch in NRW. Immer wurde als Begründung Unverhältnismäßigkeitangeführt, zudem nicht zulässige Eingriffe in die Grundrechte der Bürger auf unabsehbare Zeit.
In dem neuen Paragrafen 28a des Infektionsschutzgesetzes wird nun detailliert aufgeführt, welche Einschränkungen die Landesregierungen zur Eindämmung der Pandemie verordnen können.
- Es handelt sich um 15 konkrete Maßnahmen, wie etwa Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen, Maskenpflicht, Abstandsregel, außerdem die Schließung z. B. von Gastro- und Freizeiteinrichtungen.
- Im Wesentlichen handelt es sich um die Maßnahmen, die schon während des Lockdowns im Frühjahr bzw. jetzt im November-Teillockdown galten und gelten.
- Hinzu kommen neue Regelungen: So sollen Reiserückkehrer aus Risikogebieten, wenn die Reise „vermeidbar“ war, für die dann fällige Quarantäne keinen Anspruch auf Verdienstausfall mehr haben.
- Bei der Anordnung der Schutzmaßnahmen gilt als Richtlinie wie bisher die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen 7 Tagen. „Schwerwiegende Schutzmaßnahmen“ kommen bei Überschreitung der Indizidenz 50 un Frage. Ab 35 seien „stark einschränkende Schutzmaßnahmen“ angebracht.
- Genauer definiert wird auch eine zentrale Voraussetzung für bestimmte Krisenmaßnahmen: Dazu muss der Bundestag eine „epidemische Lage von nationaler Tragweite“ feststellen, welche bei „einer ernsthaften Gefahr für die öffentliche Gesundheit in der gesamten Bundesrepublik“ vorliege. Diese wiederum solle gegeben sein, wenn die Weltgesundheitsorganisation (WHO) eine Notlage ausrufe oder „eine dynamische Ausbreitung“ einer bedrohlichen übertragbaren Krankheit über mehrere Bundesländer drohe oder stattfinde.
Die bisherige Fassung des Infektionsschutzgesetzes sei nicht für eine bundesweite Pandemie angelegt gewesen, berichteten öffentlich-rechtliche Medien. Sie galt als zu unkonkret.
Die Novellierung des Gesetzes erfolgte politisch umstritten. Im Bundestag erhielt der Regierungsentwurf in namentlicher Abstimmung 415 Ja-Stimmen bei 236 Gegenstimmen und acht Enthaltungen.
Heftige Kritik übten neben der AfD auch die FDP und die Linke: Die FDP sieht die Grundrechte in Gefahr, für die Linke formulierte Sahra Wagenknecht fundamentale Bedenken in einem Facebookpost wie folgt:
„Der Bundestag hat heute über das „Dritte Bevölkerungsschutzgesetz“ der Bundesregierung beraten, meine Fraktion hat mit Nein gestimmt. Ich lehne dieses Gesetz ab, weil ich die darin definierten Grenzwerte für willkürlich und die damit verbundenen radikalen Grundrechtseinschränkungen für nicht akzeptabel halte. Natürlich ist es sinnvoll, die hohen Infektionszahlen einzudämmen. Die Situation in vielen Krankenhäusern ist ernst. Aber diese Situation war vorhersehbar, sie hat vor allem mit dem chronischen Mangel an Pflegepersonal zu tun. Dagegen hätte man etwas unternehmen müssen, statt jetzt tiefe Eingriffe in Grundrechte im Eildurchgang durchzupeitschen. Der verfassungsrechtliche Ausnahmezustand war im Frühjahr nachvollziehbar, jetzt kann man ihn nicht mehr rechtfertigen. Warum gibt es bis heute keine seriösen Untersuchungen über Infektionswege und die Rolle, die Restaurants oder überfüllte Schulbusse spielen? Warum wurden die Sommermonate nicht genutzt, um das Gesundheitssystem auf die zweite Welle – die ja nun wirklich nicht überraschend kam – vorzubereiten? Wo ist das zusätzliche medizinische Personal, mehr Pflegekräfte – vor allem auf den Intensivstationen? Wo sind die Mittel für zusätzliches Personal an den Schulen für die geforderten kleineren Gruppen, für Lüftungsgeräte oder wenigstens funktionierende Fenster? Warum werden immer noch willkürliche Grenzwerte festgelegt, auf deren Grundlage ganze Branchen ruiniert werden? Die Zeit im Sommer wurde verschlafen, nur um jetzt wieder in einem undemokratischen HauRuck-Verfahren drastische Einschränkungen durchzudrücken. Das ist der absolut falsche Weg, mit den Problemen umzugehen. Der Kampf gegen das Virus darf nicht länger abseits demokratischer Kontrolle stattfinden.“