Endlich hat sich der Wind gedreht, so dass der Klangkosmos Weltmusik nach der unfreiwilligen Pause im Trockendock wieder in See stechen kann. Vier spannende Konzerte mit Liedern und Instrumenten aus vier Regionen der Welt – dem Indischen Ozean, Lateinamerika, den Küsten des Mittelmeeres und des Baltikum – stehen von September bis Dezember 2021 auf dem Programm.
Melancholische, wilde, magische, und expressive Klänge von MeistermusikerInnen aus Madagaskar, Deutschland, Mexiko, Belgien, Italien und Estland, denen ein gekonnter Spagat zwischen Tradition und Moderne gelingt. Los geht’s am Dienstag, 14. September (18 Uhr, Pauluskirche) zum zweitgrößten (nach Indonesien) Inselstaat der Welt: Madagaskar – wegen der bis zu 20 m dicken roten Erdschicht auch „Rote Insel“ genannt.
Die kulturelle Entwicklung Madagaskars einzigartig: durch verschiedene Besiedlungswellen aus Südostasien, Arabien, Afrika und Europa entstanden etwa 18 verschiedene Volksstämme. Genauso unterschiedlich wie die Bewohner ist auch die Musik, die im Klangkosmos zwei Künstler als Inspirations- und Themenquelle dient, deren Biografien unterschiedlicher fast nicht hätten sein können.
Liederpoet und Gitarrist Erick Manana ist aufgewachsen mit den Hochlandklängen der madagassischen Hauptstadt Antananarivo. Später verschlug es ihn nach Frankreich, wo er aber seinem Traum treu blieb: das musikalische Erbe seiner Heimat nicht nur zu bewahren, sondern es zeitgemäß weiterzuentwickeln und einem breiten Publikum zu erschließen. Fest verwurzelt in der eigenen Tradition, öffnet er sich aber auch unvoreingenommen und unkonventionell Anregungen und Herausforderungen anderer Genres und Kulturen. Heute zählt er zum Urgestein der Musikszene Madagaskars. In seinen poetischen Liedtexten bewahrt Manana den alten Bilder- und Farbenreichtum der madagassischen Sprache, widmet sich aber aktuellen Themen: dem Erfindungsreichtum, der Leidensfähigkeit, den kleinen Siegen und den Enttäuschungen beim täglichen Kampf der Madagassen ums Überleben. Er singt von Generationskonflikten, den Träumen und dem Heimweh der Emigranten. Kriegsinvaliden, Taxifahrer, Liebende sind die Helden seiner großen Lyrik über kleine Leute.
Musikalisch knüpft er an das an, was ihn während seiner Kindheit und Jugend in Antananarivo geprägt und seitdem nie mehr losgelassen hat: die seelenvoll-melancholischen Hochland-Melodien aus den Gassen und Kneipen von einst und der silbrig-filigrane Klang der Bambusröhrenzither „Valiha“, die in vergangenen Jahrhunderten das königliche Hoforchester bestückte. Auch das „Hira Gasy“, das noch immer vitale, volksaufklärerische und zirzensische Musiktheater der Reisbauern aus dem madagassischen Hochland mit seinen frappierenden Akkordeon-, Geigen- und Bläser-Grooves und seinem unvergleichlichen mehrstimmigen Gesang, ist Inspirationsquelle.
Seit 2009 ist er regelmäßig mit der deutschen Musikerin und Musikethnologin Jenny Fuhr unterwegs und bringt die Perlen der madagassischen Hochlandklänge auf die Bühne. Jenny Fuhr hat jahrelang über die Musik der Insel geforscht und zahlreiche Reisen nach Madagaskar unternommen, ihre Doktorarbeit behandelt den Rhythmus in den Musiken Madagaskars. Fuhr ist klassisch und in historischer Aufführungspraxis ausgebildete Violinistin und Blockflötistin, mehrfache Bundespreisträgerin bei „Jugend musiziert“. Mit ihrer Renaissance-Blockflöte, die sie wie eine traditionelle offene Rohrflöte einsetzt, gilt sie heute als vertrauenswürdige musikalische Erbin des 2001 verstorbenen legendären „Sodina“-Flötenmeisters und Antananarivoer Originals Rakoto Frah und hat einen festen Platz in der madagassischen Musikszene. Als Duopartnerin von Erick Manana singt und spielt sie parallele oder auch kontrapunktische Stimmen und bringt so insbesondere die nostalgisch angehauchten Lieder zum Leuchten.
Der Eintritt ist wie immer frei, es gilt die 3-G-Regel: Zutritt haben nur vollständig geimpfte, genesene oder getestete Personen (Test einer offiziellen Teststelle, der nicht älter als 48 Stunden ist). Die Nachweise werden kontrolliert, bitte auch den Personalausweis nicht vergessen!
Das Programmheft liegt an vielen öffentlichen Stellen zur Mitnahme aus bzw. steht unter www.hamm.de/kultur auch zum Download zur Verfügung.
Quelle: Stadt Hamm