Zu einer Ausbildungsoffensive ruft Oberbürgermeister Marc Herter die Arbeitsmarkt-Akteure in Hamm auf. Gerade jetzt während der Pandemie sei eine gemeinsame Kraftanstrengung gefordert. Denn: Der Lehrstellenmarkt in der Stadt und in der Region ist ohnehin seit Jahren extrem angespannt. Die Corona-Krise hat die Situation deutlich verschärft. Daher will der OB im Schulterschluss mit den örtlichen Partnern deutlich mehr Lehrstellen mobilisieren. Ein erster Baustein ist schon gesichert: Das Land finanziert mit rund einer Million Euro zusätzliche Ausbildungscoaches und außerbetriebliche Lehrstellen in der Stadt Hamm und im Nachbarkreis Unna.
Die Zahl der abgeschlossenen Ausbildungsverträge ging zum Ausbildungsstart im letzten Sommer regional wie landesweit deutlich zurück. Über 15.000 Verträge wurden in NRW weniger abgeschlossen, 85 Prozent davon durch Corona verursacht. Allein in Hamm blieben offiziell 76 Jugendliche unversorgt. Gleichzeitig klagen Unternehmen über Fachkräftenachwuchs und besetzten knapp 60 Stellen nicht, weil sie keinen geeigneten Kandidaten oder keine Kandidatin fanden – ein Trend, der seit Jahren steigt und der durch Corona erheblich verschärft wird. „Das darf so nicht weitergehen“, fordert Oberbürgermeister Marc Herter. „Wir können nicht riskieren, dass Teile der nachwachsenden Generation zu ‚Corona-Verlierern‘ werden und auf der anderen Seite die Fachkräftelücke in den Betrieben immer größer wird“. Die Stadt Hamm geht dabei mit einem positiven Beispiel voran: Aktuell sind rund 120 Auszubildende bei der Stadt Hamm und damit rund 80 Prozent mehr als im vergangenen Jahr. Zum neuen Ausbildungsjahr steigt die Zahl der Auszubildenden sogar auf 190 Frauen und Männer an.
Oberbürgermeister Marc Herter will die Ausbildungsoffensive für das gesamte Stadtgebiet. Ziel ist, dass jedem Jugendlichen, der eine Lehre absolvieren will, auch ein Angebot unterbreitet wird. Ein erster Erfolg ist schon zu verzeichnen: Dem Chef der Werkstatt im Kreis Unna, Herbert Dörmann, ist es im Schulterschluss mit den Geschäftsführungen der Agentur für Arbeit Hamm und der Kommunalen Jobcenter in Hamm und in Unna gelungen, erhebliche Mittel des Landes und der EU in die Region zu holen.
Eine Million Euro will das Arbeitsministerium NRW mit seinem neuen Landesprogramm „Kurs auf Ausbildung“ in die Hand nehmen, um Jugendliche anzusprechen, gezielt ihre beruflichen Wünsche und Interessen zu überprüfen und ihnen dann passgenaue Vorschläge für eine Berufsausbildung zu unterbreiten.
Gleichzeitig werden Unternehmen mit offenen Ausbildungsstellen über vorausgewählte Bewerberinnen und Bewerber informiert und durch persönliche Kontaktherstellung mit den Jugendlichen zusammengebracht. Im Wege dieser Eins-zu-Eins-Vermittlung soll eine möglichst große Deckung zwischen den Wünschen der Jugendlichen und den Bedarfen der Unternehmen hergestellt werden.
Für junge Menschen, die trotz des Matching- und Coachingprozesses keine Stellen finden, finanziert das Land zusätzliche Ausbildungsplätze, die die Werkstatt einrichtet. Die Werkstatt kooperiert hier vor allem mit Betrieben, die wegen der Corona-Krise den finanziellen Aufwand der Ausbildung scheuen, obwohl sie ausbildungsberechtigt wären. Daher wird die Ausbildungsvergütung im ersten Jahr vom Land übernommen und der Ausbildungsvertrag mit der Werkstatt geschlossen. Mit den Unternehmen vereinbart die Werkstatt, dass sie den jeweiligen Jugendlichen ab dem zweiten Jahr übernehmen.
Für Oberbürgermeister Herter ist das ein denkbar guter Startschuss für eine Ausbildungsoffensive. Nach den Osterferien wird der Oberbürgermeister dann weitere Arbeitsmarkt-Partner einladen, um eine gemeinsame Strategie für die nächsten Jahre zu diskutieren. Die Landesinitiative „Kurs auf Ausbildung“ fußt auf einem Beschluss des Ausbildungskonsens in Nordrhein-Westfalen, dem u.a. die Landesregierung und die Spitzen von Arbeitsgebern und Gewerkschaften angehören. In 12 Regionen wird ab April mit finanzieller Unterstützung des Landes Nordrhein-Westfalen und des Europäischen Sozialfonds/ REACT-EU als Teil der Reaktion der Union auf die COVID-19-Pandemie das Modellvorhaben „Kurs auf Ausbildung“ erprobt.
Über beteiligte Träger soll mit faktisch unversorgten ausbildungsinteressierten Jugendlichen in zwölf Regionen eine verbindliche Anschlussperspektive mit dem Ziel einer beruflichen Ausbildung realisiert werden