Stadt Hamm gibt Uhr und Figurengruppe aus der Sammlung des Gustav-Lübcke-Museums zurück

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Foto: Stadt Hamm

1943 erweiterten zwei Objekte den Bestand des Gustav-Lübcke-Museums, die der damalige Direktor des Hauses, Ludwig Christian Bänfer (1878-1959), zu einem sehr geringen Preis für die Sammlung ankaufte: Eine Standuhr aus Porzellan und eine aus gleichem Material filigran gearbeitete Figurengruppe mit der Jagdgöttin Diana samt Gefolge. Doch war dieser Zukauf rechtswidrig. Dank grundlegender Forschungsarbeiten im Museum wurde deutlich, dass es sich bei den beiden wertigen Stücken um den enteigneten Besitz der Jüdin Bertha Gerson, geb. Meyenburg, aus Hamm handelte. 1942 nach Theresienstadt deportiert, wurde sie eben dort von den Nazis am 23. September des Folgejahres ermordet.

Das Unrecht blieb jahrzehntelang unerkannt. Nach Aufdeckung der zum Teil bewusst verschleierten, unrühmlichen Vergangenheit kam schließlich Bewegung in die Sache. Es wurde entschieden, dass die beiden Stücke an die rechtmäßigen Nachfahren der ermordeten Jüdin restituiert werden sollen. Nur einer der drei Söhne von Bertha Gerson überlebte die Gräueltaten der Nazis, in dem er seine Heimatstadt verließ und nach Argentinien auswanderte. Seine beiden Brüder kamen wie ihre Mutter in Konzentrationslagern zu Tode. Der einzige Überlebende der Familie, Hans Gerson rettete sich, seine Frau und seine Tochter nach Buenos Aires. Erst Jahrzehnte später kehrte die Familie nach Deutschland zurück und kaufte ein Haus in Hamburg. Die 1935 geborene Tochter, Frau Brigitte Ingeborg Gerson, bewohnt noch heute das Elternhaus gemeinsam mit Ehemann, Tochter und Enkelin. Sie ist die nächste, noch lebende Nachfahrin der ermordeten Bertha Gerson.

In der vergangenen Woche machte sich der Direktor des Gustav-Lübcke-Museums, Dr. Ulf Sölter, auf den Weg nach Hamburg, um Standuhr und Figurengruppe zu restituieren. „Es ist eine gleichermaßen wichtige wie auch schöne Aufgabe, die bemerkenswerten Arbeiten an die Familie zurückzugeben, der sie zu Unrecht weggenommen wurden“, erklärt der Museumschef. Gleichwohl war nicht vorherzusehen, wie die Familie bei der Rückgabe reagieren würde. „Wir wurden von allen Familienmitgliedern herzlich empfangen. Die Rückgabe haben wir als durchweg positives und emotionales Ereignis erlebt.“ Sölter lud die ganze Familie erneut nach Hamm und ins Museum ein.

„Noch einmal wurde deutlich, dass die Restitution von zu Unrecht in der Sammlung befindlicher Objekte freilich nicht gut machen kann, was geschehen ist. Die Rückgabe ist aber moralisch und gesellschaftlich von zentraler Bedeutung und unterscheidet uns von Staaten, die sich den dunklen Kapiteln ihrer Vergangenheit nicht stellen, sie sogar leugnen.“ Die Provenienzforschung im eigenen Haus sei noch nicht abgeschlossen. „Wir haben weitere Verdachtsfälle in der Sammlung, denen es nachzuspüren gilt. Die große und ehrliche Freude der Familie Gerson über die Rückgabe der gestohlenen Werke, ist mein persönlicher Motor, schnellstmöglich Klarheit über die Herkunft unserer Exponate zu erlangen.“

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